Der Roman über den Baron Lamberto ist nicht nur bei Kindern, sondern auch bei Erwachsenen sehr beliebt. Es ist eine surreale und fesselnde Geschichte, die im Herzen der Insel San Giulio auf dem Ortasee spielt.
@j84c
Die Zutaten bieten uns unsere Landschaft: Eine geheimnisvolle Insel, ein See, der einst von Drachen heimgesucht wurde, ein bezauberndes Städtchen mit einem heiligen Berg, ein Schriftsteller, der die Herzen von Erwachsenen und Kindern gleichermaßen brechen kann. So entstand aus der Mischung dieser Elemente und der unerschöpflichen Fantasie von Gianni Rodari eines der Kinderbücher, die Leser jeder Generation anziehen können. Zweimal Lamberto ist eine noch immer aktuelle, unterhaltsame und lustige Geschichte. Ihre kreative Ironie erfüllt uns mit Unbeschwertheit und hilft uns, einen literarischen Blick auf unseren wunderschönen Ortasee zu werfen.
Schon im Titel werden wir mit einer seltsamen Anomalie konfrontiert. Die klassische Einleitungsformel der Märchen „Es war einmal" wird vom Autor verdoppelt, der damit einen Effekt von Neugier und Spannung um den extravaganten Protagonisten erzeugt. Es handelt sich um den alten Baron Lamberto, mürrisch und sehr reich (er besitzt nicht weniger als vierundzwanzig Schweizer Banken), der von vierundzwanzig Krankheiten geplagt wird, die alle von seinem vertrauten Butler Anselmo in alphabetischer Reihenfolge in einem Notizbuch festgehalten werden.
@museorodari_omegna
Die große Villa, in dem der Baron mitten auf der winzigen Insel wohnt, birgt auch ein außergewöhnliches Geheimnis: Auf dem Dachboden des Hauses verbringen sechs vertrauenswürdige Mitarbeiter, die vom Protagonisten angeheuert wurden, den Tag damit, ununterbrochen seinen Namen zu wiederholen, um sein Leben zu verlängern und ihn unsterblich zu machen. Doch unerwartete Widrigkeiten durchkreuzen die Pläne des Barons: Er muss sich mit einem gierigen Neffen auseinandersetzen, der sein Erbe an sich reißen und ihn mit einer Bande von vierundzwanzig Banditen, die für ihn ein hohes Lösegeld fordern, entführen will. Der plötzliche Tod des Protagonisten, der von seinem perfiden Neffen herbeigeführt wurde, wird durch eine unglaubliche Wiederauferstehung gelöst, bei der der Baron in Gestalt des dreizehnjährigen Lamberto wieder zum Leben erwacht.
Dieses surreale und ironische Ende gibt Anlass zum Nachdenken und lässt Raum für Interpretationen. Vergessen wir nicht, dass das Schreiben für Rodari immer Spiel und Fantasie war, aber auch eine Analyse der Realität, mit einem Hauch von Respektlosigkeit.
@museorodari_omegna
In der Geschichte finden sich auch viele Bezüge zur Geografie unserer Region, einer Umgebung, der der Autor, der ursprünglich aus Omegna stammt, besonders verbunden war. Zwischen den Zeilen begegnen wir einigen ikonischen Orten am und um den Ortasee, vom Panoramapunkt Quarna bis zum Buccione-Turm, von der Wallfahrtskirche Bocciola bis zum Berg Monte Mesma, von der Alm Quaggione bis zum Gipfel des Mottarone. Und natürlich der Sacro Monte (Heilige Berg) von Orta, wo „man sich bei einem Unwetter schnell in die Kapellen flüchten kann, und wo farbige Terrakottastatuen, die mit Staub bedeckt und vom Alter zerfressen sind, still die Geschichte des Heiligen Franziskus erzählen".
Aber es ist vor allem der Fluss Nigoglia, der mit seinem ungewöhnlichen Verlauf zu originellen Überlegungen anregt: Dieser Ableger des Ortasees ist nämlich der einzige Fluss, der nach Norden, d.h. in Richtung der Berge, fließen kann, während die anderen Wasserläufe nach Süden fließen. Ebenso wie die Nigoglia scheint der Autor uns aufzufordern, nicht den üblichen Wegen zu folgen, sondern immer mit dem eigenen Kopf zu denken und mit einem unabhängigen Geist zu handeln, ohne der Masse zu folgen.
@edizioniel - Edizioni Einaudi
Allen Liebhabern des Ortasees und der Literatur empfehle ich auch das kürzlich eröffnete Rodari-Museum in Omegna, ein modernes und interaktives Gebäude, in dem die Freude am Entdecken überwiegt, mit Texten, die aus den Regalen kommen, und Märchen, die man sich „am Telefon" auch in verschiedenen Sprachen anhören kann.